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Mein Grösi und so weiter

Paperback: 116 Seiten
Grösse: 12 x 19 x 1 cm
Auflage: 1 (8. Okt 2008)
Sprache: Deutsch
Preis: 24,80 CHF /15 Euro
zuzüglich Porto und Verpackung
(für die Schweiz CHF 2.00)

ISBN-13: 9783837067217
Verlag: Books on Demand GmbH


Mein Grösi und so weiter
Autor: Beat Nussbaumer

Leseproben:
1 Grösi, wie ich meine Grossmutter nannte
2 Baar / Höfliger (mehr ...)
3 Aktivdienst und erste Wohnung in Adliswil (mehr ...)

Grösi, wie ich meine Grossmutter nannte, ist mir in recht guter Erinnerung, gerade so, als stünde sie vor mir in ihrem knöchellangen, dunkelgrauen Faltenjupe. Grösis Haus lag am schönsten und interessantesten Platz von ganz Ägeri. Mit seiner Frontseite stand es an der Oberdorfstrasse. Im Erdgeschoss lagen Tür an Tür der Gemüseladen von Frau Huwyler und der Kolonialwarenladen meiner Grossmutter. Die Rückseite des Hauses aber schaute direkt über den weiten Turn-, Pausen- und Festplatz, hinüber zum Friedhof und zur Kirche. Immer um neun und um drei Uhr war im nahen Schulhaus Pausenzeit. Da stürmten die Buben und Mädchen auf den Platz und sorgten für lebhaften, lauten Betrieb. Grösi störte dies keineswegs, im Gegenteil. Es war für sie eine willkommene Abwechslung in ihrem etwas eintönigen Alltag, denn zu jener Zeit kannte man weder Radio noch Fernsehen. Auch eine Zeitung leisteten sich nur die ‹Besseren›. Als Lesestoff kannte man allenfalls die Bibel, den Zuger- und den Joggelikalender. Das Zuger Amtsblatt tauschten sich ein paar Nachbarn gegenseitig aus. Grösi las auch recht gerne die sinnigen, manchmal auch lustigen Sprüche auf der Rückseite der Blätter vom Abreisskalender.
Zwei Mal im Jahr war auf diesem Gemeindeplatz Viehmarkt. Hier habe ich die erste Hundertfrankennote gesehen. Sie war blau und darauf war ein Holzfäller abgebildet. Ich dachte, so reich möchte ich auch einmal werden. Vor ein paar Jahren, so erzählte mir Grösi, sei an einem Viehmarkt ein Stier durchgebrannt. Als der Muni in seinem Amoklauf über den Platz stürmte, flüchteten alle, auch starke Männer und suchten sich in Sicherheit zu bringen. Ein junger Hufschmied aber sei auf den Ungestümen zugesprungen, habe ihn beim Nasenring gepackt und sofort sei das Tier zahm geworden, habe sich führen und wieder an der Stange festbinden lassen.
Jedes Jahr einmal war auf dem Turnplatz Militärinspektion und wo Soldaten sind, da waren auch wir Buben nicht fern und hatten die Nase zuvorderst. Es war auch zu interessant, was da alles aus und am Tornister vorgezeigt werden musste: Essbesteck, Sackmesser (Militärhegel), Schuh- und Gewehrputzzeug, Gamelle, Brotsack und Feldflasche. Auch der gerollte Kaputt wurde ausgebreitet, gegen das Licht gehalten und nach Schabenlöchern abgesucht. Als ich das erste Mal bei einer Inspektion zuschauen konnte, ist mir aufgefallen, dass die älteren Soldaten schöne blaue Uniformen trugen mit zwei Reihen silbrig glänzender Knöpfe und als Kopfbedeckung einen Tschako mit farbigen Pompon. Die Jüngeren aber trugen graugrüne Montur und hatten am Tornister einen Stahlhelm aufgeschnallt. Diese grasgrüne Farbe gefiel mir ganz und gar nicht und ich meinte zu Grösi: wenn ich Soldat sein werde, wolle ich eine blaue Uniform. «Man wird dich kaum fragen», meinte Grösi.
Von Zeit zu Zeit war Militär in Ägeri einquartiert. Die Soldatenküche war im Kellergeschoss des nahen Schulhauses eingerichtet. Wir Kinder waren natürlich neugierige Zaungäste Und wenn ein paar Soldaten Kartoffeln zu schälen hatten, da lachten die Mädchen und foppten, sie könnten das besser, dazu müsse man doch nicht unbedingt Soldat sein. Wenn dann die Fassmannschaft in Einerkolonne antrat mit ihren grossen Eimern, stellten wir uns, mit einem Kesseli am Arm, hinten in der Reihe an, hoffend, es bleibe etwas für uns übrig, denn alles was von den Soldaten kam, dünkte uns besser.
Nicht vergessen darf ich den Ägerimarkt. Eines Morgens standen über ein Dutzend Schaustellerwagen auf dem Turnplatz. Über Nacht kamen diese angekarrt und schon in aller Morgenfrühe begann ein Ausladen, Schleppen, Hämmern und Aufrichten. In Kürze standen Schaubuden, Karussells und Schiessbuden fixfertig auf dem Platz. Natürlich genügte es mir nicht, vom Küchenfenster aus dem emsigen Treiben zuzuschauen. Wie alle anderen Buben wollte auch ich so nahe wie möglich dabei sein. So standen wir den Kilbimannen dauernd im Wege, bis diese uns barsch verscheuchten.
Nach dem ‹nur noch einmal schlafen› war endlich Kilbisonntag. Die Oberdorfstrasse hinauf und hinunter reihten sich die Marktstände und die Marktkrämer kamen angekarrt, richteten ihre Stände her und nach dem ‹Ausläuten› des Hauptgottesdienstes durfte gehandelt werden.
Da lockten nun die feinen Sachen: Magenbrot, Bärendreck und Johannisbrot. Auch riesige Erdbeeren aus Zucker waren feil und die Mädchen machten sich damit die Lippen rot. Lebkuchenherzen gab’s zu kaufen in allen Grössen, mit verschnörkelt geschriebenen Sprüchen drauf, die ich allerdings nicht verstanden habe. Beim billigen Jakob schaute ich auch eine Weile zu, wie er Herkules-Hosenträger und Rasierklingen anpries und immer noch etwas und noch etwas dazu verschenkte und von Zeit zu Zeit ausrief: Kinder hinten anstehen und die Grossen nach vorne lassen! Beim Glücksrad blieb ich auch eine Weile stehen, doch dauerte es mir zu lange, bis der ‹Lotterierer› seine Serie von fünfzig Losen verkauft hatte. Was gab es schon zu gewinnen, vielleicht einen Blumentopf, einen in blaues Papier gewickelten Zuckerstock oder einen Teddybären.
Ich wollte jetzt unbedingt auf den Budenplatz. Die Karussellorgeln mit den bunten, halbnackten Figuren leierten gegen einander um die Wette. Mein Grösi an der Hand nehmend steuerte ich auf das Rösslikarussell zu und erbettelte von ihr einen Batzen für eine Runde. Auf einem Ross wollte ich reiten, nicht in einer langweiligen Kutsche fahren. Als besondere Attraktion ritt man bei jedem Ringsum an einem Stab vorbei, auf dem ein Dutzend Ringe aufgesteckt waren. Einer davon war ein ‹goldiger›. Wer diesen beim Vorbeireiten erwischte, hatte eine Gratisfahrt zugute. Ich aber hatte kein Glück.
Für die Schiffschaukel war ich noch zu klein. Noch fehlte mir die Kraft für den nötigen Schwung. Natürlich hatte ich auch mächtig Schiss, aber das sagte ich dem Grösi nicht. Mit dem Sessel-Karussell fuhr ich nur einmal, denn es wurde mir dabei schwindlig. In einer Schaubude konnte man für einen Franken, (Kinder die Hälfte) nebst anderen Sehenswürdigkeiten einen richtigen Neger anschauen mit krausem Haar und nacktem Oberkörper, dies als Beweis, dass er durch und durch echt und nicht nur eingeschwärzt sei.
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Herausgeber:
Christa Nussbaumer
Erich Nussbaumer
Theres Nussbaumer

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