Mein Grösi und so weiter
Autor: Beat Nussbaumer
Leseproben:
1 Grösi, wie ich meine Grossmutter nannte (mehr ...)
2 Baar / Höfliger (mehr ...)
3 Aktivdienst und erste Wohnung in Adliswil
Am 3. September 1939 war Generalmobilmachung und auch ich musste einrücken. Es waren schlimme Zeiten. Mich hat es persönlich nicht so hart getroffen, denn ich war ja noch ledig. Aber mit anfänglich zwei Franken Sold im Tag konnte man nicht weit springen und die Lohnausgleichskasse gab’s anfänglich noch nicht.
In den wenigen Urlaubswochen konnte ich einmal da, einmal dort kurzfristig eine Aushilfsstelle versehen. Dies reichte aber kaum aus, sich etwas zu sanieren. Auch hatte ich Bedenken, durch die vielen Militärdienstzeiten die Berufsroutine zu verlieren. So kam es mir sehr gelegen, dass vom Staat aus Berufslager organisiert wurden, extra für Militärurlauber. In St. Gallen wurde ein solches für Buchdrucker durchgeführt. Ich meldete mich und es klappte auf Anhieb. Einiges Neues habe ich dort dazu gelernt. Die Hauptsache aber war: ich konnte nach langem Absenzen wieder einmal Druckerschwärze riechen und das Gelernte und Praktizierte wurde nicht ganz vergessen.
Ganz unverhofft lernte ich hier in St. Gallen meine künftige Frau, Anni kennen. An Pfingsten 1942 haben wir uns verlobt. Es gab als Festessen bei Annis Mutter daheim Zickleinbraten, Kartoffelstock und Gemüse aus dem eigenen Garten. Im Restaurant essen war uns zu teuer, denn Anni musste sparen für die Aussteuer. Gleich nach Pfingsten hatte ich wieder einzurücken. Am 10. Oktober 1942 haben wir geheiratet. Und ich weiss noch genau, als Hochzeitsessen gab’s Flädlisuppe, Wienerschnitzel, Pommesfrites und Salat. Das kostete Fr. 4.80 und zwei Mahlzeitencoupons pro Person. Den Dessert und den Wein zahlte Annis Götti.
Wir kamen nach Adliswil zu wohnen, anfänglich in einem Anbau an ein uraltes Bauernhaus. Alles war sehr primitiv. Der Küchenboden war teils Beton, teils Holz. In der Mitte der Stube stand eine hölzerne Säule zur Stütze der Decke. Der Weg zum Keller führte ums Nachbarhaus herum. Auf dem lehmigfeuchten Kellerboden hausten ein paar eklige Feuersalamander. Elektrisches Licht hatte es im Keller auch nicht und man hatte mit der Taschenlampe zu manipulieren.
Zur Wohnung gehörte ein kleiner Gemüsegarten. Das war wichtig in diesen knappen Zeiten.
Jung und verliebt, störten uns all die Mängel überhaupt nicht. Es war eine sehr schöne Zeit. Der Mietzins war siebzig Franken pro Monat. Ein ganzes Jahr wohnten wir dort. Dann zogen wir um, näher zum Dorfzentrum in eine Wohnung mit etwas mehr Platz und auch etwas besser eingerichtet, also schon ein kleiner Fortschritt.
In dieser Zeit wurden die Rationen immer knapper, sogar die Milch wurde rationiert. Mit dem Kochgas musste man sparsam umgehen, denn die Schweiz hat ja keine eigene Kohle und musste diese aus Deutschland importieren. In der Folge wurden Isolier-Kochkisten zum Garen und zum Warmhalten der Speisen aktuell und man ‹fabrizierte› diese im Eigenbau.
Dann fielen, wohl versehentlich, die ersten Bomben auf Schweizergebiet und zwar in Tägerwilen, ganz nahe der deutschen Grenze, aber auch in Zürich und Schaffhausen. Verdunkelung wurde Vorschrift und man bastelte Fensterstoren aus lichtdichtem, schwarzem Papier.
Bald vernahm man von schweren Bombardements deutscher Grossstädte und vom Einmarsch der Amerikaner und Engländer in Deutschland. Ich musste wieder zum Dienst einrücken. Unsere Truppe war ganz nahe der Grenze ob Basel auf der Gempenfluh in Stellung. Von dort aus hörten wir nachts das Detonieren der Bomben und sahen den Feuerschein brennender Städte im nahe gelegenen Ausland.
Dann eines Tages war der böse Spuck zu Ende. Anni war gerade im Begriff, Windeln einzukaufen für unser in nächster Zeit erwartetes erstes Kind, als sie die Friedensglocken läuten hörte. War das ein Aufatmen. In Deutschland sagte man nun wirklich nicht mehr: «Heil Hitler» sondern wieder «guten Tag».
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Herausgeber:
Christa Nussbaumer
Erich Nussbaumer
Theres Nussbaumer
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